Bundeministerium der Justiz Januar 2024
Die Eckpunkte für die Reform des Kindschaftsrechts
Was sind die wichtigsten Ziele der geplanten Reform?
Partnerschaftliche Kinderbetreuung: In nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien soll es einfacher werden, Kinder partnerschaftlich zu betreuen.
Mehr Autonomie im Sorge- und Umgangsrecht: Eltern sollen einfacher Vereinbarungen über Sorge und Umgang schließen können und Dritten sorgerechtliche Befugnisse oder Umgangsrechte einräumen können (z.B. dem neuen Partner oder dem leiblichen Vater des Kindes).
Stärkung von Kinderrechten: Kinder sollen in ihrer Rechtsposition gestärkt werden, sie sollen eigene Anträge an das Gericht stellen können und das Kindeswohl soll dadurch gefördert werden.
Schutz vor häuslicher Gewalt: Der Schutz vor häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren soll verbessert werden.
Liberalisierung des Adoptionsrechts: Zulassung der Adoption auch durch Paare, die nicht verheiratet sind; bei verheirateten Paaren soll auch
eine Adoption durch einen Partner allein soll möglich sein.
Warum ist die Reformnotwendig?
Viele Kinder wachsen in nichtehelichen Lebensgemeinschafen, in Trennungs-,Patchwork- oder Regenbogenfamilien auf. Das Sorge- und Umgangsrecht ist auf diese Realität des Familienlebens vieler Menschen nicht hinreichend eingestellt. Das macht die partnerschaftliche Betreuung von Kindern im Alltag oft unnötig schwer. Auch ist die Rechtsstellung von Kindern an einigen Stellen zu schwach ausgeprägt. Der Schutz vor häuslicher Gewalt im Umgangsrecht wird bislang nicht ausdrücklich geregelt. Das Adoptionsrecht ist unnötig restriktiv.
*** Partnerschaftliche Kinderbetreuung: Die wichtigsten Neuerungen ***
Wechselmodell Das Wechselmodell, das viele Eltern sich nach einer Trennung wünschen und schon jetzt leben, soll erstmalig gesetzlich geregelt werden: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in einem Umgangsverfahren (nach Trennung) eine Betreuung durch beide Elternteile, ggf. auch eine paritätische Betreuung anordnen kann – wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Alleinentscheidungsbefugnis:
In Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes sollen getrenntlebende Elternteile mit gemeinsamem Sorgerecht künftig jeweils allein entscheiden können
für den Zeitraum, in dem sich das Kind bei ihnen aufhält.
Vereinbarungen zwischen Eltern über das Sorgerecht:
Eltern sollen mehr Autonomie in Bezug auf ihr Sorgerecht erhalten: Sie sollen die Alleinsorge eines Elternteils vereinbaren können; auch eine Übertragung der
elterlichen Sorge von einem Elternteil auf den anderen soll leichter möglich sein.
„Kleines Sorgerecht“ Die Sorgeberechtigten (im Regelfall also die Eltern) sollen künftig durch Vereinbarung bis zu zwei weiteren Personen – zum Beispiel ihren jeweils neuen Partnern – sorgerechtliche Befugnisse einräumen können.
Vereinbarungen über das Umgangsrecht: Mit Dritten sollen die sorgeberechtigten Eltern künftig auch Vereinbarungen über den Umgang mit dem Kind schließen können.
Sorgerecht in nichtehelichen Lebensgemeinschaften: Ein Vater, der mit der Mutter zusammenwohnt, aber nicht verheiratet ist, soll künftig einfacher das Sorgerecht erlangen können: Wenn die Mutter nicht widerspricht, soll eine einseitige, beurkundete Erklärung ausreichen.
*** Stärkung der Kinderrechte: Die wichtigsten Neuerungen ***
Recht auf Umgang Kinder sollen ein Recht auf Umgang mit Großeltern u. Geschwistern, mit anderen Bezugspersonen sowie mit leiblichen, nicht rechtlichen Elternteilen erhalten.
Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung
Der Anspruch des Kindes gegen seine Eltern auf Informationen über seine Abstammung soll gesetzlich geregelt werden.
Mitentscheidungsbefugnis
Kinder ab 14 sollen im Sorge- und Umgangsrecht künftig Mitentscheidungsbefugnisse haben. Sie sollen z.B. eine gerichtliche Entscheidung über eine von
den Eltern getroffene Sorge- oder Umgangsregelung beantragen können.
Schutz vor häuslicher Gewalt: Die wichtigsten Neuerungen:
Ermittlungspflicht: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in Umgangsverfahren Anhaltspunkten für häusliche Gewalt gegenüber dem Kind und/oder dem anderen
Elternteil und deren Folgen umfassend und systematisch nachgehen und eine Risikoanalyse vornehmen muss.
Bei Partnerschaftsgewalt soll ein gemeinsames Sorgerecht regelmäßig ausscheiden. Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht den Umgang beschränken oder ausschließen kann, wenn dies erforderlich ist, um eine konkrete Gefährdung des betreuenden Elternteils durch einen gewalttägigen Ex-Partner abzuwenden.
*** Adoptionsrecht: Die wichtigsten Neuerungen***
Gemeinsame Adoption bei unverheirateten Paaren; Einzeladoption bei verheirateten Personen. Auch Paare, die nicht verheiratet sind, sollen gemeinsam ein Kind adoptieren
können; bisher ist die nur verheirateten Paaren möglich. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Verheiratete Personen sollen künftig auch allein ein Kind adoptieren können.
Quelle: Bundesministerium der Justiz (erhalten über newsletter@familienanwaelte-dav.de)