Bei Familienstreitigkeiten kommt es manchmal zu deftigen Äußerungen. Kann man sich dagegen wehren? Hat man einen Unterlassungsanspruch?
Zwischen den Eltern von zwei Kindern kam es zu einem heftigen Streit. Der Sohn verließ trotz Aufforderung nicht das Zimmer. Daraufhin fasste ihn der Vater am Nacken und schob ihn in sein Kinderzimmer. Nachdem der Vater später gegangen war, filmte die Mutter den weinenden Sohn, der sich an den Hals fasste.
Dieses Video übergab die Frau ihrer Mutter. Diese schrieb ein Protokoll, das einzelne Vorfälle dokumentierte, in denen es zu psychischer und physischer Gewalt des Ehemanns gegen Frau und Kinder gekommen sein sollte. Protokoll und Video schickte sie an ihre Schwester, die gemeinsame Mutter und eine Cousine. Darüber hinaus übergab sie das Material Jugendamt und Polizei, wo sie Strafanzeige gegen ihren Schwiegersohn stellte.
Der Vater wiederum wollte dann eine einstweilige Verfügung gegen die Familie erwirken, die der Schwiegermutter, die Behauptung und Verbreitung der Äußerungen des Protokolls untersagt.
Vor Gericht scheiterte der Vater aber damit. Bei den Äußerungen im Protokoll handelte es sich um so genannte privilegierte Äußerungen. Das Gericht berücksichtigte, dass diese nur im engsten Familienkreis verschickt worden waren. Daran ändere auch nichts, dass dies per WhatsApp geschehen sei. Innerhalb des engeren Familienkreises gebe es einen persönlichen Freiraum. Man solle sich gegenüber seinen engsten Verwandten frei aussprechen und seine Emotionen ausdrücken können, ohne gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Man dürfe in diesem Kreis, so das Gericht, auch auf die Vertraulichkeit des Gesprächs vertrauen – trotz WhatsApp.
Gleiches gelte für Äußerungen gegenüber Gericht, Behörden und der Polizei. Ansonsten könne man seine Rechte nicht mehr wahrnehmen und auf angebliche Missstände hinweisen.
Grenzen gibt es allerdings, wenn die Unhaltbarkeit der Äußerung auf der Hand liegt oder dessen Mitteilung missbräuchlich erscheint, so das Bundesverfassungsgericht.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 17. Januar 2019 (AZ: 16 W 54/18)
Quelle: „Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)“.