Die getrenntlebenden Eltern stritten sich darüber, ob ihre Kinder geimpft werden sollen. Der Vater war strikt dagegen und die Mutter wollte die üblichen Impfungen durchführen lassen. Die Mutter beantragte vor Gericht, ihr die Alleinentscheidungsbefugnis zur Durchführung der Impfungen zu übertragen.
Zunächst waren sich die Eltern noch darüber einig, dass die bei der Mutter lebenden Kinder in der ersten Lebenszeit nicht geimpft werden sollen. Der Vater der Kinder war von Beginn an sehr impfkritisch eingestellt. Die Mutter änderte jedoch ihre Meinung, nachdem sie Gespräche mit der Kinderärztin geführt hatte.
Diese riet zu der Impfung gemäß dem Empfehlungen der sogenannten „ständigen Impfkommission“. Dabei seien Impfungen gegen Keuchhusten, Pneumokokken und Tetanus sowie Diphterie sinnvoll. Die Kindesmutter bat den Kindesvater um Zustimmung zu den geplanten Impfungen. Dieser lehnte jedoch ab. Die Kindesmutter beantragte vor Gericht, ihr die Alleinentscheidungsbefugnis zur Durchführung der Impfungen zu übertragen.
Das Gericht tat dann auch genau das. Die Mutter habe die Befugnis zur Entscheidung über die in Rede stehenden Impfungen gemäß § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB, so der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt
(Az. 50 F 39/15 SO).
[…] Die Entscheidung, die in Rede stehenden Impfungen vorzunehmen, sei eine sogenannte Entscheidung in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens (sog. Alltagssorge, vgl. auch OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 07.06.2010, 2 WF 117/10).
Diese kann der betreuende Elternteil alleine vornehmen.
Bei den in Rede stehenden Impfungen handele es sich um Schutzimpfungen, welche allgemein empfohlen werden. Die Impffrage ist Teil der sogenannten U-Vorsorgeuntersuchungen, welche ihrerseits zur Alltagssorge gehören. Darüber hinaus sind es Impfungen, welche von der weitüberwiegenden Mehrheit der Bevölkerung vorgenommen werden. Der Lebenswirklichkeit, somit der häufigen und regelmäßigen Vornahme dieser Impfungen, entspricht es, dass die Entscheidung von demjenigen zu treffen ist, bei welchem sich die Kinder gewöhnlich aufhalten.
Hierfür spreche nicht zuletzt, dass die in Rede stehenden Impfungen die unmittelbare Gesundheitssorge betreffen und von den durchgeführten Impfungen auch das Verhalten im Alltag abhängig ist. So könne beispielsweise eine nichtvorhandene Tetanusimpfung den betreuenden Elternteil davon abhalten, die Kinder an bestimmten Stellen im Freien spielen zu lassen. Daher sei es folgerichtig, die Entscheidung durch den Elternteil treffen zu lassen, bei welchem sich die Kinder gewöhnlich aufhalten. Schließlich sei der Elternteil, bei welchem sich die Kinder gewöhnlich aufhalten, regelmäßig derjenige, welcher über den Gesundheitszustand der Kinder am besten informiert ist. […]
Die Folgen des Nichtimpfens seien gegebenenfalls derart gravierend, dass die Angelegenheit erhebliche Bedeutung erlangen kann.
Quelle: www.rechtsindex.de/familienrecht